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02.03.2022

Ratgeber: Wohnmobil Gebrauchtwagenkauf

Gegen böse Überraschungen
Wohnmobil-Gebrauchtwagenkauf Ratgeber

Dr. Petra Brockmann
Dr. Petra Brockmann ist Partnerin von HAHN Rechtsanwälte.
Stand: 10.06.2022 - 16:51

Wohnmobile erfreuen sich bereits seit Jahren einer immer größer werdenden Beliebtheit. Die Corona-Pandemie hat dies noch einmal verstärkt. Dies führt dazu, dass die Lieferzeiten immer länger und auch unverlässlicher werden. Wer heutzutage ein neues Wohnmobil kaufen möchte, der muss damit rechnen, über ein Jahr warten zu müssen, bis es endlich vor der Tür steht.

Umso größer ist die Nachfrage bei gebrauchten Wohnmobilen. Hier muss vielleicht der ein oder andere Kompromiss bei der Ausstattung und der Konfiguration gemacht werden. Dafür geht der Kauf wesentlich schneller über die Bühne und das Wohnmobil kann innerhalb weniger Wochen für die erste Reise gepackt werden.

Dennoch ist es wichtig, den Kauf eines gebrauchten Wohnmobils nicht zu überstürzen und sich Zeit für die Prüfung zu nehmen . Denn was bringt es, ein Wohnmobil kurzfristig zur Verfügung zu haben, dann aber feststellen zu müssen, dass es über erhebliche Mängel verfügt. Diese müssen gar nicht unbedingt böswillig vom Verkäufer verheimlicht worden sein. Auch dieser kann besten Gewissens das Wohnmobil verkaufen, ohne zu wissen, dass sich schwerwiegende Mängel darin verstecken.

Wir haben Ihnen deshalb einen Ratgeber mit Tipps zusammengestellt, die Sie beim Kauf einen gebrauchten Wohnmobils beachten sollten. Welche Komponenten sollten Sie prüfen? Welche Fragen sollten Sie stellen? Welche Möglichkeiten haben Sie, wenn sich im Nachhinein doch Mängel herausstellen sollten?

Ob Sie das gebrauchte Wohnmobil dabei von einem Händler oder von privat kaufen, ist bei der Prüfung erst einmal unerheblich. Lediglich hinsichtlich möglicher verschwiegener Mängel ergeben sich für Sie unterschiedliche Folgen.

Grundsätzliche Überlegungen vor der Suche

Wer ein gebrauchtes Wohnmobil kaufen möchte, der sollte sich vorher genau überlegen, wonach er sucht. Welche Art von Wohnmobil passt zu Ihnen? Alkoven, Camping-Bus, teil- oder vollintegriert? Wie viele Schlaf- und Sitzplätze benötigen Sie? Möchten Sie nur im Sommer bzw. in warmen Gebieten Urlaub machen oder soll das Wohnmobil winterfest sein? Welche Größe ist die richtige für Sie und Ihre Anforderungen? Welche Ausstattungsmerkmale und welche Technik sind Ihnen wichtig? Welches Basisfahrzeug soll es sein und welche Motorisierung benötigen Sie? Und natürlich auch, wie hoch ist Ihr Budget?

All dies sind Fragen, zu denen Sie die Antworten sicher wissen sollten und zwar, bevor Sie sich auf die Suche nach einem gebrauchten Wohnmobil begeben.

Sonst kann es passieren, dass Sie sich von einer langen Liste an Ausstattungsmerkmalen täuschen lassen und letztendlich mehr Geld ausgeben, als geplant und zwar für Dinge, die Sie gar nicht benötigen.

Natürlich sollten Sie sich auch im Vorfeld schon überlegen, welches Alter und welche Kilometerzahl für Sie akzeptabel sind.

Grundsätzlich ist es kein Problem, wenn ein Wohnmobil schon viele Jahre auf dem Buckel hat. Sofern die Technik in Ordnung ist und die Laufleistung nicht extrem hoch, spricht nichts gegen ältere Wohnmobile. Zu beachten ist dabei lediglich, dass es schwierig sein kann, passende Ersatzteile zu finden, sofern diese nicht mehr angeboten werden.

Wenn Sie ein gebrauchtes Wohnmobil gefunden haben, das Ihren Ansprüchen und Vorstellungen entspricht, ist auch die Optik wichtig. Denn schließlich wollen Sie sich über Jahre und vermutlich mehrere Wochen im Jahr darin wohl und zu Hause fühlen. Wenn man sich dann jedes Mal über die altbackenen Möbel oder die Farbe der Polster ärgert, sorgt das für viel Frust.

Gewisse Abstriche muss man bei einem gebrauchten Wohnmobil gegenüber einem neuen aber natürlich dennoch machen. Soll jedes kleine Detail genau so sein, wie erträumt, bleibt wohl doch nur die Wahl eines neuen Wohnmobils – mit der Möglichkeit, alles individuell zusammenstellen zu können.

Haben Sie sich für ein gebrauchtes Wohnmobil entschieden und steht der Kauf bevor, kann die folgende Checkliste helfen, um mögliche Mängel rechtzeitig aufzuspüren und einem Fehlkauf vorzubeugen.

Basisfahrzeug

  • Ist das Wohnmobil möglicherweise vom Abgasskandal betroffen? (z.B. bei Fiat-Basisfahrzeug, hier weitere Informationen)
  • Flüssigkeiten (Öl, Bremsflüssigkeit, Waschwasser, Frostschutz) überprüfen
  • Funktioniert die Beleuchtung?
  • Sind Verbandskasten, Warndreieck und Warnwesten vorhanden? (muss jedoch nicht zwangsläufig zur Verfügung gestellt werden)
  • Ist das Reserverad sowie Werkzeug vorhanden?
  • Sind Unfallschäden bekannt? (schriftlich festhalten)
  • Karosserie und Unterbau auf Rost und andere Schäden prüfen
  • Bremsleitungen checken
  • Reifen prüfen (Alter, Profiltiefe, gleichmäßige Abnutzung), sind Winterreifen vorhanden?

Blick von außen

  • Markise ausfahren und anschauen
  • Alle Türen, Fenster und Dachluken öffnen und schließen
  • Türschlösser prüfen
  • Auf das Dach steigen und auf Schäden, zum Beispiel durch Hagel, prüfen
  • Außenwände auf Schäden, zum Beispiel Risse, überprüfen
  • Fenster und besonders Gummidichtungen checken
  • Sind von außen Feuchtigkeitsschäden zu erkennen?

Technik

  • Funktioniert die Alarmanlage?
  • Funktionieren elektrische Fensterheber und Außenspiegel?
  • Läuft die Klimaanlage einwandfrei?
  • Rückfahrkamera oder Einparkhilfe vorhanden und wenn ja, funktionierend?
  • Navigationssystem vorhanden? Welches Kartenmaterial?
  • Entertainmentsystem prüfen

Möbel

  • Oberflächen auf Kratzer und sonstige Beschädigungen prüfen
  • Alle Türen und Schubladen öffnen und auf Funktionstüchtigkeit überprüfen, Scharniere checken
  • Besonders in allen Ecken nach Feuchtigkeitsschäden schauen
  • Riecht es schimmelig?
  • Am besten mit einem Feuchtigkeitsmessgerät prüfen
  • Ist ein Wasserschaden bekannt? (schriftlich festhalten)
  • Hub-Bett auf Funktionalität testen
  • Matratzen und Polster genau anschauen und prüfen (unter den Matratzen nach Stockflecken schauen)
  • ISOFIX-Befestigung für Kindersitz prüfen
  • Alle Sicherheitsgurte vorhanden und unbeschädigt?
  • Rollos und andere Verdunkelungen komplett ausfahren und testen
  • Heckgarage anschauen
  • Fliegenschutzgitter anschauen
  • Hat der Verkäufer Einbauten durchführen lassen (am besten Rechnungen geben lassen) oder selbst ausgeführt?

Elektronik

  • Bordtechnik zeigen lassen und überprüfen
  • Ist ein Handbuch vorhanden?
  • Alle Lampen sowie Hauptschalter ausprobieren und Sicherungskasten anschauen
  • Steckdosen prüfen
  • TV- und Sat-Anlage prüfen
  • Batterie auf Schäden überprüfen, ist eine zweite Batterie vorhanden?
  • Zustand der Solaranlage prüfen

Gas, Wasser und Heizung

  • Funktionieren die Herdplatten?
  • Gasflaschen vorhanden? Zustand prüfen
  • Gasleitungen überprüfen, sofern sichtbar
  • Heizung anstellen und prüfen
  • Alle Warmluft-Auslässe checken
  • Funktioniert der Warmwasserboiler?
  • Funktioniert die Beheizung des Abwassertanks?
  • Wassertank füllen und auf Dichtigkeit prüfen
  • Alle Wasserhähne checken
  • Ist der Wasserdruck ausreichend?
  • Überlauf prüfen
  • Funktionieren die Entleerungsventile?
  • Toilettenspülung testen
  • Funktioniert das Ablassventil vom Grauwassertank?
  • Ist der Frischwassertank sauber? 
  • Badezimmer (Waschbecken, Toilette und Dusche) auf Risse überprüfen

Papiere

  • Sind alle Fahrzeugpapiere (Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief) vorhanden und enthalten die korrekten Daten?
  • Garantieheft anschauen
  • Stimmen die Inspektionsintervalle?
  • Bescheinigungen über die regelmäßigen Gasprüfungen vorhanden?
  • Sind Dichtigkeitsinspektionen erfolgt?
  • Sind Bedienungsanleitungen und Garantien für eingebaute Geräte vorhanden?
  • Aus wievielter Hand stammt das Wohnmobil? Wurde es vermietet?
  • Welche Umweltplakette ist vorhanden?

Weitere Punkte

  • Wiegen Sie nach! Stimmt das tatsächliche Leergewicht des Wohnmobils mit dem eingetragenen überein? Sonst reduziert sich die Zuladung!
  • Ausdrücklich nach möglichen Wasserschäden fragen und Antwort schriftlich bestätigen lassen!
  • Auch die Antwort auf die Frage, ob Unfallschäden vorliegen, sollten Sie sich schriftlich geben lassen!
  • Machen Sie eine Probefahrt!

Probefahrt

Eine Probefahrt des gebrauchten Wohnmobils ist unabdingbar. Dabei können Sie auf viele Sachen achten:

  • Wie reagiert die Lenkung? Fährt das Wohnmobil geradeaus, wenn Sie das Lenkrad gerade halten? 
  • Wie gut funktionieren die Bremsen? Reagieren sie ausreichend schnell und stark? Quietschen sie?
  • Funktioniert die Schaltung leichtgängig? Bleiben die Gänge drin? 
  • Ist der Motor in Ordnung? Kein Rauch oder komische Geräusche? 
  • Hören Sie übermäßiges Klappern? 
  • Am besten auch über holprige Straßen fahren

Rechte bei später festgestellten Mängeln

Je nachdem, ob Sie Ihr gebrauchtes Wohnmobil bei einem Händler oder von privat gekauft haben, gelten hinsichtlich des Kaufrechts andere gesetzliche Vorschriften.

Gebrauchtes Wohnmobil vom Händler gekauft

Der Vorteil, wenn Sie Ihr Wohnmobil gebraucht bei einem Händler kaufen, ist die mindestens einjährige Gewährleistungsfrist. Während bei Neufahrzeugen grundsätzlich eine zweijährige Gewährleistungsfrist gilt, kann der Händler diese bei Gebrauchtwagen auf ein Jahr reduzieren. Treten während dieser Zeit Mängel auf, muss der Händler diese beheben. Dabei muss der Mangel bereits bei der Übergabe bestanden haben und der Händler muss Ihnen diesen verschwiegen haben. Bei Verträgen, die bis zum 31.12.2021 abgeschlossen worden sind, geht der Gesetzgeber während der ersten sechs Monate nach der Übergabe davon aus, dass der Mangel bereits bestanden hat. Ab diesem Zeitpunkt müssen Sie dies nachweisen, um eine kostenfreie Mangelbeseitigung verlangen zu können. Bei neueren Verträgen (ab dem 01.01.2022) tritt diese Beweislastumkehr erst nach 12 Monaten ein. Hilfreich kann es deshalb sein, sich bei Händlern in der Nähe nach einem Wohnmobil umzuschauen, um bei einer eventuell notwendigen Nachbesserung nicht hunderte Kilometer weit fahren zu müssen.

Gebrauchtes Wohnmobil von privat gekauft

Ein privater Verkäufer kann die gesetzliche Sachmängelhaftung im Vertrag ausschließen. Das gilt jedoch nicht für arglistig verschwiegene Mängel. Wusste der Verkäufer beispielsweise von einem Unfall- oder Wasserschaden und können Sie dies nachweisen, muss er trotzdem für diese Mängel haften. Möglich ist dann für Sie unter Umständen der Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Kaufpreisminderung.

Haftung des Herstellers

Grundsätzlich können auch Schadensersatzansprüche des Käufers gegenüber dem Hersteller des Basisfahrzeugs Betracht kommen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Wohnmobil mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen bzw. vom Diesel-Abgasskandal betroffen ist. In diesem Fall kommt eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB in Betracht sowie gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46 i.V.m. VO (EG) 715/2007.

Gerade bei Wohnmobilen auf Fiat Ducato-Basis ist Vorsicht angesagt. Die Deutsche Umwelthilfe hat gerade bei den Wohnmobilen ohne AdBlue-Vorrichtung eine erhebliche Überschreitung des zulässigen NOx-Grenzwertes festgestellt. HAHN Rechtsanwälte ist der Auffassung, dass hier unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sind. Näheres zu diesem Thema können Sie hier nachlesen.