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Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht

Ihre rechtlichen Möglichkeiten, die vertraglichen Leistungen dennoch zu erhalten

Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht? HAHN Rechtsanwälte hilft!

Schwierigkeiten im Beruf

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht? Sie kann zahlreiche Argumentationslinien fahren, um die vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung zu verweigern. In vielen Fällen bieten sich für die Versicherungsnehmer jedoch gute Ansatzpunkte, die dringend erforderliche Versicherungsleistung durchzusetzen. Lassen Sie Ihre Rechte prüfen!

Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht – die Gründe

Zur Begründung ihrer Leistungsfreiheit führen Berufsunfähigkeitsversicherer etwa an, dass der Versicherungsnehmer

  • falsche Angaben bei den sogenannten Gesundheitsfragen vor Abschluss des Vertrages gemacht habe,
  • die Voraussetzungen der Invalidität nicht erfülle,
  • einer anderen zumutbaren Berufstätigkeit nachgehen könne oder
  • dass ein Risikoausschluss greife.

Es stellt sich daher regelmäßig die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten der Versicherungsnehmer besitzt, um die vertraglichen Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung trotz der Ablehnung durch die Versicherung zu erhalten.

 

Falsche Angaben bei Gesundheitsfragen

Einer der häufigsten Ablehnungsgründe der Berufsunfähigkeitsversicherer sind falsche oder unvollständige Angaben des Versicherungsnehmers zu den sog. Gesundheitsfragen, die vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung beantwortet werden müssen. Sehr oft sehen sich Versicherte der Situation ausgesetzt, dass sich der Berufsunfähigkeitsversicherer auf eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung beruft und deshalb gem. § 19 Abs. 2 VVG den Rücktritt vom Vertrag, gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 VVG die Kündigung des Vertrages oder gem. § 22 VVG die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt oder aber gem. § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG eine nachträgliche Vertragsanpassung verlangt, die die Aufnahme eines Risikoausschlusses und daran anknüpfend die Leistungsfreiheit des Versicherers für den gemeldeten Versicherungsfall zum Gegenstand hat. In diesen Fällen stellt sich dann die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten der Versicherungsnehmer hat, sich gegen die behauptete Leistungsfreiheit des Berufsunfähigkeitsversicherers zur Wehr zu setzen.

Beschluss des BGH vom 06.12.2017 – IV ZR 16/17 –

Grundsätzlich hat die Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem vorvertraglichen Pflichtverstoß zwar ein Recht zum Rücktritt, zur Kündigung oder zur Vertragsanpassung, hierauf kann sie sich aber nur dann berufen, wenn sie den ihr obliegenden Pflichten nachgekommen ist.

Hierzu zählt vor allem, dass die Versicherung gem. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG den Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen hingewiesen hat, die sich aus einer Verletzung der Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen ergeben.

Ganz aktuell hat dies noch einmal der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 06.12.20117 – IV ZR 16/17 – deutlich gemacht. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes kommt der Berufsunfähigkeitsversicherer seiner Hinweispflicht nur dann genügend nach, wenn er den Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss entweder in einer von den sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde ausdrücklich und deutlich über die Folgen einer Pflichtverletzung belehrt oder aber den Versicherungsnehmer im Antragsformular unmittelbar vor oder nach den Gesundheitsfragen auf die

Folgen einer Pflichtverletzung so drucktechnisch hervorgehoben hinweist, dass sich die Belehrung vom übrigen Text deutlich abhebt und so vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann.

Die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof an die deutliche drucktechnische Hervorhebung der Belehrung stellt, sind dabei sehr hoch. Erfahrungsgemäß erfüllen eine Vielzahl von Belehrungen verschiedener Berufsunfähigkeitsversicherer diese hohen Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Dies hat zur Folge, dass der – nicht arglistig handelnde – Versicherungsnehmer trotz fehlerhafter oder unvollständiger Angaben bei den vorvertraglichen Gesundheitsfragen seinen Versicherungsschutz behält und die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen muss. Hier lohnt sich also eine eingehende Prüfung der Unterlagen durch einen versierten Rechtsanwalt, denn häufig bieten die Belehrungen der Versicherer gute Ansatzpunkte, um mit Erfolg gegen den Versicherer und seine Leistungsablehnung vorzugehen.

Gründe dafür, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlt

Kein ausreichender Grad der Invalidität

Häufig verweigert die Berufsunfähigkeitsversicherung beantragte Leistungen auch mit der Begründung, dass der Versicherungsnehmer angeblich nicht den erforderlichen Grad an Invalidität erreicht habe.

Grundvoraussetzung jeder Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Unfähigkeit des Versicherungsnehmers zur Ausübung seines Berufes. Wann diese Unfähigkeit zur Berufsausübung vorliegt, ist bei älteren Versicherungsverträgen nach dem Inhalt der Versicherungsbedingungen zu bestimmen. Hier wird die Leistung der Versicherung von verschiedenen Graden der Invalidität des Versicherungsnehmers abhängig gemacht. In jüngeren Verträgen hat sich hingegen eine Definition durchgesetzt, nach der Berufsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich dauerhaft zu mindestens 50 % außerstande ist, seinen zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf auszuüben. Diese Definition eröffnet drei Problemfelder: Zunächst stellt sich die Frage, welcher Beruf zuletzt konkret ausgeübt wurde. Weiterhin bedarf es der Klärung, ob der Versicherungsnehmer zu mindestens 50% außerstande ist, den zuletzt konkret ausgeübten Beruf auch weiterhin auszuüben. Und zuletzt müssen die festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen auch voraussichtlich von Dauer sein.

Zuletzt konkret ausgeübter Beruf

Auf den ersten Blick erscheint die Frage, welchen konkreten Beruf der Versicherungsnehmer zuletzt ausgeübt hat, recht einfach zu beantworten zu sein. Doch die Vielzahl von Gerichtsverfahren, in denen die Frage des zuletzt konkret ausgeübten Berufes umstritten ist, zeigt, dass sich in diesem Punkt zum Teil erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben können. Unter dem Begriff „Beruf“ im Sinne der Versicherungsbedingungen ist weder der erlernte Beruf noch notwendig der im Versicherungsantrag angegebene Beruf, sondern vielmehr der zuletzt tatsächlich ausgeübte Beruf zu verstehen. Entscheidend ist, wie die Erwerbstätigkeit konkret ausgestaltet war, als der Versicherungsnehmer unfähig wurde, sie so auszuüben, wie er sie in gesundem Zustand ausgeübt hat. Der Bundesgerichtshof verlangt insoweit eine genaue Arbeitsbeschreibung, aus der die regelmäßig anfallenden Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit und deren Anforderungen an die (auch körperliche) Leistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers nachvollziehbar hervorgeht (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1996 - IV ZR 118/95 -).

Probleme in diesem Bereich ergeben sich immer wieder in Fallgestaltungen, in denen die Berufsunfähigkeitsversicherung zum Zeitpunkt einer Ausbildung / eines Studiums abgeschlossen wurde und eine daran anschließende Berufsausübung unmöglich wird. Ebenfalls problematisch sind Fälle, in denen sich die Fähigkeit der Berufsausübung aufgrund einer fortschreitenden Krankheit oder durch Kräfteverfall nur nach und nach verringert oder Fälle, in denen der Versicherte aufgrund der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die später zu einer Berufsunfähigkeit führen, eine weniger belastende, dafür aber auch schlechter bezahlte Stelle angenommen hat.

Nicht erforderlich ist, dass der Versicherungsnehmer seinen Beruf tatsächlich nicht weiter ausübt, sondern nur, dass die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen die Fortsetzung seiner Tätigkeit vernünftigerweise und im Rahmen des Zumutbaren nicht mehr gestatten. Sehr umstritten sind auch Fallgestaltungen, in denen der Versicherungsnehmer trotz Berufsunfähigkeit seine Berufstätigkeit zunächst weiter fortsetzt, da ohne den persönlichen Einsatz sein Betrieb oder seine Praxis nicht fortgeführt werden könnte. In solchen Fällen argumentieren Berufsunfähigkeitsversicherungen schnell damit, dass der Versicherungsnehmer eine vergleichbare Tätigkeit noch ausüben könne, dies aber nur deshalb nicht tue, weil er seinen Betrieb oder seine Praxis aufrechterhalten wolle. Daher liege keine Berufsunfähigkeit vor. Hier bedarf es der Prüfung, inwieweit in einem solchen Fall ein überobligationsmäßiges Verhalten des Versicherungsnehmers gesehen werden muss, was immer dann zu bejahen ist, wenn der Versicherungsnehmer durch die Aufrechterhaltung seiner Berufstätigkeit eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes riskiert. Es gilt also zu beachten, dass sich der Versicherungsnehmer selbst Unzumutbares zumuten darf, der Versicherer es ihm jedoch nicht zumuten darf.

Berufsunfähigkeit bei Selbstständigen im Falle unzumutbarer Umorganisation

Bei Selbständigen, die im eigenen Betrieb mitarbeiten, lehnen Berufsunfähigkeitsversicherungen eine Leistung sehr häufig mit der Begründung ab, dem Versicherungsnehmer sei eine Umorganisation seines Betriebes zuzumuten, so dass sich eine gesundheitlich noch zu bewältigende Betätigungsmöglichkeit eröffne und so eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausscheide.

Tatsächlich ist insbesondere bei selbständigen Handwerkern und Unternehmern das für deren Beruf typische Direktionsrecht zu berücksichtigen, das ihnen gegenüber ihren Angestellten und Arbeitern zusteht und es ihnen ermöglicht, die bisher von ihnen selbst ausgeübten Tätigkeiten teilweise auf andere zu übertragen. Sofern eine solche Umorganisation ohne nennenswerte Einkommenseinbußen möglich und zumutbar ist, scheidet eine Berufsunfähigkeit regelmäßig aus.

Ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer muss folglich, wenn er zuvor überwiegend körperlich tätig gewesen ist und dieser körperlichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann, die berufliche Tätigkeit so gestalten, dass er schwerpunktmäßig nicht mehr körperliche Arbeiten verrichtet, sondern vielmehr kaufmännisch und / oder mehr leitend und aufsichtsführend tätig wird, soweit ihm dieses zuzumuten, von der Sache her möglich und er dazu auch befähigt ist. Die Beurteilung der Zumutbarkeit der Umorganisation verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Gesamtbetrachtung der dem selbständig tätigen Versicherungsnehmer nach einer – betrieblich sinnvollen – Umorganisation trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen verbleibenden Tätigkeitsfelder. So ist eine Berufsunfähigkeit nicht ausgeschlossen, wenn eine Umorganisation zu bloßen Verlegenheitsbeschäftigungen, wirtschaftlich unsinnigen Maßnahmen oder wesentlichen Änderungen des Betriebes führen würden. In der Praxis scheitern Umorganisationsmöglichkeiten gerade in Kleinbetrieben daran, dass für den Versicherungsnehmer keine sinnvollen Tätigkeiten mehr verbleiben, die eine mindestens 50%ige Berufsunfähigkeit ausschließen.

Da es sich in diesem Bereich immer um Einzelfallentscheidungen handelt, ist eine sorgfältige Prüfung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt anzuraten.

Berufsunfähigkeit bei Burn-out und Depression

Relativ häufig verweigern Berufsunfähigkeitsversicherungen ihre Leistung, wenn ein Versicherungsnehmer aufgrund eines Burn-outs oder aufgrund von Depressionen nicht mehr wie gewohnt seinem Beruf nachgehen kann. Ein wesentlicher Grund für die fehlende Leistungsbereitschaft der Versicherer ist die schwierigere Feststellung des seelischen Leidens. Der Nachweis der Berufsunfähigkeit fällt bei körperlichen Beschwerden deutlich leichter als bei psychischen Leiden. Die Anerkennung wird bei einem Burn-out zusätzlich dadurch erschwert, dass die Symptome nicht als Krankheit eingestuft werden. Es geht meist um einen Zustand der völligen Erschöpfung, die eine Alltagsbewältigung genauso hindert wie eine Ausübung des Berufes. Viele Versicherer verweigern daher bei einem Burn-out die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Dies geschieht jedoch häufig zu Unrecht. Denn ein Burn-out kann sehr wohl unter die von den Versicherern verwendete Definition einer Krankheit fallen. Unter diesen Begriff fallen nämlich alle psychischen und physischen Zustände, die so stark vom Normalzustand abweichen, dass sie die Berufsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigen oder gar komplett ausschließen können. Dementsprechend gibt es bereits Rechtsprechung, die einem von einem Burn-out betroffenen Versicherungsnehmer die beantragte Berufsunfähigkeitsrente zugesprochen hat (vgl. Urteil des LG München I vom 22. 3. 2006 - 25 O 19798/03 -).

Da Entscheidungen, ob aufgrund von Burn-out und/oder Depressionen die Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente verlangt werden kann, grundsätzlich Einzelfallentscheidungen sind und für die Frage der Eintrittspflicht der Versicherer immer die jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen maßgeblich sind, ist eine Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Falle der Leistungsablehnung des Versicherers sinnvoll.

Voraussichtlich dauernde, mindestens 50%ige Berufsunfähigkeit

Zwischen der Berufsunfähigkeitsversicherung und den Versicherungsnehmern ist sehr häufig auch die Feststellung der voraussichtlich dauernden, mindestens 50%igen Berufsunfähigkeit streitig. Bei den neueren Versicherungsverträgen genügt in aller Regel eine mindestens 50%ige Berufsunfähigkeit, um einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente zu haben. Bei der Feststellung des Grades der Berufsunfähigkeit ist allerdings nicht allein auf die medizinische Beurteilung abzustellen, sondern auch auf die konkrete Ausgestaltung des bisher vom Versicherten ausgeübten Berufs. Entscheidend ist, welches Gewicht die Tätigkeiten, die der Versicherte wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht mehr vornehmen kann, für die berufliche Tätigkeit insgesamt haben. So kann beispielsweise bei einem kleinen Handwerksbetrieb eine 70%ige Arbeitsunfähigkeit im körperlich-handwerklichen Bereich auch dann zu einer mehr als 50%igen Berufsunfähigkeit führen, obwohl die Arbeiten im kaufmännischen Bereich sowie sonstige Begleit- und Nebenarbeiten früher einen ganz erheblichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch genommen haben und diese noch voll verrichtet werden können. Abzustellen ist insoweit auf die den Beruf prägenden Tätigkeiten (vgl. Urteil des OLG Saarbrücken vom 02.03.2000 - 12 U 1919/99 -).

Angezweifelt wird von Berufsunfähigkeitsversicherungen oft auch, ob tatsächlich eine (in aller Regel medizinisch abzustützende) Prognose besteht, nach der auf dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft der Zustand des Versicherungsnehmers keine Erwartungen auf eine Besserung in absehbarer Zeit rechtfertigt. Da eine Prognose vielfach nicht für die gesamte Zeit bis zum Ende der Versicherung gestellt werden kann, verlangt die Rechtsprechung die Feststellung, dass der Versicherungsnehmer in einem überschaubaren Betrachtungszeitraum der nächsten drei Jahre voraussichtlich nicht zu mindestens 50% berufsfähig sein wird. Für die Prognoseentscheidung ist die Prognose nach dem medizinischen Wissensstand zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit maßgeblich.

Unfähigkeit, eine vergleichbare andere Tätigkeit auszuüben, sog. Verweistätigkeit

In vielen Fällen sehen sich Versicherungsnehmer dem Einwand der Berufsunfähigkeitsversicherung ausgesetzt, es bestehe nicht der für den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente erforderliche Grad der Berufsunfähigkeit, da der Versicherungsnehmer weiterhin in der Lage sei, eine andere vergleichbare berufliche Tätigkeit auszuüben. Zwar ist diese Argumentation der Versicherer grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Verweisung auf eine andere vergleichbare berufliche Tätigkeit durch den Berufsunfähigkeitsversicherer hat allerdings ihre Grenzen. So hat der Versicherungsnehmer einer Verweistätigkeit nur dann nachzugehen, wenn er in der Lage ist, in einem Grad von mehr als 50% der aufgezeigten Erwerbstätigkeit nachzugehen und diese Tätigkeit keine höheren, aber auch keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, als beim zuvor ausgeübten Beruf erforderlich waren. Auch die Vergütung der Verweistätigkeit darf nicht deutlich unter der Vergütung des zuvor ausgeübten Berufs liegen. Außerdem darf die Verweistätigkeit auch in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinken. Bei der Einhaltung dieser Voraussetzungen unterlaufen den Berufsunfähigkeitsversicherungen häufig Fehler, die ihre Leistungspflicht bestehen lassen.

Tätigkeit, die den Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherungsnehmers entspricht

Die Tätigkeit, auf die verwiesen wird, darf nicht mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherungsnehmers erfordern, als sie bei ihm nach seiner Ausbildung und Erfahrung zu erwarten sind. Es kommen also nur berufliche Tätigkeiten in Betracht, die der Versicherungsnehmer aufgrund seiner bisherigen Kenntnisse und Fähigkeiten auch ausüben kann. Werden also Voraussetzungen verlangt, die der Versicherungsnehmer nicht erfüllt, scheidet eine Verweisung aus. Ein Beispiel hierfür ist die Verweisung eines berufsunfähig gewordenen Handwerkers auf Tätigkeiten als Fachverkäufer / -berater, denn die kommunikativen Fähigkeiten und ein kundenbezogenes, individuelles Verhalten im Verkaufsgespräch oder kaufmännische Fähigkeiten können bei einem Handwerker nicht einfach vorausgesetzt werden, so dass eine solche Verweisung nicht grundsätzlich unbedenklich ist. Für die Entscheidung über die Vergleichbarkeit einer Tätigkeit ist dabei allein maßgeblich, welche Kenntnisse und Fähigkeiten der Versicherungsnehmer bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit besaß, nicht hingegen, ob er weitere Fähigkeiten später z.B. im Wege der Umschulung noch erwerben kann.

Keine Verweisung bei deutlicher Verschlechterung der Vergütung

Eine Verweisung scheidet auch dann aus, wenn die Verweistätigkeit eine deutliche Verschlechterung der Vergütung mit sich bringt. Bestimmte prozentuale Grenzen einer zulässigen Verschlechterung der Vergütung gibt es zwar nicht, da dies jeweils Einzelfallfrage ist, grundsätzlich lässt sich aber festhalten: Je höher das ursprüngliche Einkommen liegt, desto höher kann auch der Prozentsatz der Minderung sein, der als zumutbar erachtet wird. Bei sehr niedrigen Einkommen hingegen kann schon eine betragsmäßig geringe Differenz als unzumutbar eingestuft werden. In der gerichtlichen Praxis wird - bei durchschnittlich bis hohem Einkommen - regelmäßig eine Minderung des Bruttoeinkommens von 20% - 25% akzeptiert, eine Reduzierung des Bruttoeinkommens um ein Drittel für zu hoch erachtet. Bei der Ermittlung des bisherigen Einkommens ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Versicherungsnehmer berufsunfähig geworden ist. Bei Selbständigen kommt es darauf an, wie hoch das Einkommen in einem letzten repräsentativen Zeitraum (z.B. Geschäftsjahr) gewesen ist.

Keine Verweisung bei sozialem Abstieg

Eine Verweisung auf eine aus Sicht der Berufsunfähigkeitsversicherung vergleichbare berufliche Tätigkeit scheitert auch dann, wenn mit der Verweistätigkeit ein sozialer Abstieg verbunden ist. Es muss daher die Wertschätzung einer Tätigkeit bestimmt werden, um den Vergleichsberuf mit der bisherigen Lebensstellung unabhängig von reinen Einkommensgesichtspunkten vergleichen zu können. In die Gesamtbetrachtung fließt daher auch die soziale Stellung des Versicherungsnehmers und das Ansehen, das ihm in den Augen der Öffentlichkeit sein Beruf vermittelt, mit ein. Ein gesteigertes Ansehen ist regelmäßig mit Berufen verbunden, die eine besondere Vertrauenswürdigkeit voraussetzen, wie z.B. Berufe mit gesteigerten Schweigepflichten, mit einer Vorgesetztenfunktion oder mit Entscheidungsbefugnissen über Personal, Geld oder Sachwerte. Bei Selbständigen ist häufiger Streitpunkt die Aufnahme einer unselbständigen Vergleichstätigkeit, die bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zwar nicht generell unzumutbar, aber eben auch nicht generell zumutbar ist. Auch hier handelt es sich um schwierige Einzelfallentscheidungen, bei denen anwaltlicher Rat hinzuzuziehen ist.

Risikoausschlüsse

In einigen Fällen verweigert der Berufsunfähigkeitsversicherer eine Leistung mit der Begründung, dass ein im Versicherungsvertrag enthaltener Risikoausschluss eingreife. In den neueren Verträgen finden sich solche Risikoausschlüsse in § 5 der vereinbarten Versicherungsbedingungen. Erfasst werden ähnlich wie bei der Unfallversicherung Fälle der aktiven Teilnahme an Unruhestiftungen, kriegerischen Handlungen oder dem Einsatz von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen. Darüber hinaus sind Leistungen aber auch dann ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich bzw. absichtlich eine Krankheit oder einen mehr als altersentsprechenden Kräfteverfall herbeiführt, sich absichtlich selbst verletzt oder versucht, sich selbst zu töten. Daneben können sich auch individuelle Risikoausschlüsse in den Versicherungsbedingungen wiederfinden, die auf einer Vorerkrankung des Versicherungsnehmers beruhen oder im Zusammenhang mit einem risikoreichen Beruf stehen. Genau zu untersuchen ist, ob sich der Versicherer auf den Ausschlussgrund der vorsätzlichen Ausführung oder des Versuchs einer Straftat berufen kann. Hier ist sorgfältig zu prüfen, ob sich die der Straftat innewohnende Gefahr in der Berufsunfähigkeit verwirklicht hat. Das OLG Celle hat dies beispielsweise in einem Fall verneint, in dem ein Versicherungsnehmer einen Betrug beging und bei dem im Anschluss daran durch die Strafverfolgung und die familiären und sozialen Folgen Depressionen auftraten, die zur Berufsunfähigkeit führten (vgl. Urteil des OLG Celle vom 31.08.2005 - 8 U 60/05 -).